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Büchertipps / Rezensionen



Titelbild
Norbert Reuter:

Wachstumseuphorie und Verteilungsneutralität
Wirtschaftspolitische Leitbilder zwischen Gestern und Morgen

Reuter zeigt: Um innerhalb des Kapitalismus eine alternative Wirtschaftspolitik zu verwirklichen, bedarf es einer Umverteilung von oben nach unten




Bücher, die sich mit ökonomischen Fragen befassen, werden nicht allzu oft in einer 2. Auflage aufgelegt. Norbert Reuter, Gewerkschaftssekretär beim ver.di Bundesvorstand im Ressort Wirtschaftspolitik und Mitglied der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik (Memorandum-Gruppe), ist dies mit seinem Bändchen Wachstumseuphorie und Verteilungsrealität gelungen. Der Autor hat die erste Auflage aus dem Jahr 1998 vollständig überarbeitet und vor allem das empirische Material auf den neuesten Stand gebracht.

Reuters bereits in der Einleitung formulierte Kernthese lautet, „dass wir in ein neues Stadium der Wirtschaftsgeschichte eintreten, das sich deutlich von früheren unterscheidet. Die Veränderungen der wirtschaftlichen Grundlagen, die mit dem Übergang von einer Mangel- in eine Überflussgesellschaft verbunden sind, bleiben nicht ohne Auswirkungen auf die Gesellschaft und ihre Politik.“ (S. 14)

Ausgehend von Keynes’ Einteilung des Kapitalismus in drei Phasen geht Reuter davon aus, dass sich Deutschland im dritten Entwicklungsstadium befindet, das sich durch eine abnehmende Konsumdynamik in Folge von Sättigungstendenzen auf wichtigen Konsumgütermärkten auszeichne (28 f.). Eine wichtige Ursache für diese Sättigungstendenzen sei dabei auch die zunehmende Polarisierung der Einkommens- und Vermögensverteilung in entwickelten Industriegesellschaften.

Aus seiner Analyse zieht Reuter den Schluss, dass die Schaffung von Arbeitsplätzen einer Korrektur der Einkommens- und Vermögensverteilung bedürfe, und zwar konkret eine Umkehrung der Umverteilungspolitik von unten nach oben, um so die Kaufkraft und dadurch die Konsumnachfrage zu steigern. Außerdem solle die öffentliche Hand ein Zukunftsinvestitionsprogramm auflegen, um so die Arbeitslosigkeit abzubauen. Ferner müsse der Trend zu längeren Arbeitszeiten gebrochen und zur trendmäßigen Verkürzung der Arbeitszeit zurückgekehrt werden.

Selbst wenn man den Stagnationsansatz von Reuter nicht teilt, ist das Buch lesenswert. Der Autor arbeitet die Folgen der neoliberalen Wirtschaftspolitik in Deutschland heraus, und der Text ist durch zahlreiche Schaubilder und Tabellen auf der Basis langer Zeitreihen vorbildlich empirisch illustriert. Zudem ist das Buch gut zu lesen, und es dürfte in etwa der theoretischen Orientierung der meisten Wirtschaftswissenschaftlerinnen und –wissenschaftler entsprechen, die führend an den jährlich erscheinenden Memoranden der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik mitwirken. Fazit: Mit Norbert Reuters Wachstumseuphorie und Verteilungsneutralität ist ein Buch in der zweiten Auflage erschienen, das man kennen sollte, wenn man sich mit Wirtschaftstheorie und -politik jenseits herrschenden Lehre beschäftigen will.

RezensentIn: Kai Eicker-Wolf

Erschienen bei Metropolis-Verlag 2007, 18,00 Euro.


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